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Mit dem T1 durch Portugal

Mit seinem 1957er-T1 namens Nepomuk reiste Rainer Müller vier Wochen lang durch Frankreich, Spanien und Portugal. Er lernte dabei interessante Menschen kennen und ließ sich von der Natur beeindrucken. Es gab aber auch ein paar brenzlige Momente. Hier nimmt Rainer uns mit auf seine Reise, die im Jahr 2012 stattfand.

Rainer mit Bulli Nepomuk in Spanien. ©Rainer Müller

Liebe Bullifreunde,

dies ist der Bericht über einen besonderen Urlaub oder besser gesagt über ein Abenteuer, das ich nie mehr vergessen werde. Die Hauptakteure sind mein Bulli "Nepomuk" und ich – zu dieser Zeit Single. Obwohl, wenn man mit einem Bulli unterwegs ist, ist man doch eigentlich gar nicht alleine, sondern zu zweit – oder nicht? ;-)

Der Bulli ist ein Kombi, Baujahr 1957, und sehr original gehalten; dass heißt also 30 PS, Winker im Betrieb, etc.

Nachdem ich mit ihm 2011 nach Spanien (4200km) gereist bin, wollte ich nun noch etwas weiter bis Portugal – ins Land der Entdecker und Eroberer.

 ©Rainer Müller

Lissabon, Faro, die Algarve und den Fado, jenen melanchonischen Gesang der Portugiesen, wollte ich unbedingt kennenlernen.
Durch das Lesen einschlägiger Reiseliteratur stieg meine Vorfreude nochmals erheblich, sodass ich mir schließlich vier Wochen Urlaub in meinen eigentlich sehr engen Selbstständigenterminkalender einplante.

Die letzten Monate vor Reisebeginn waren ganz dem Perfektionieren der Campingeinrichtung gewidmet; ich wollte nicht mehr so improvisiert wie auf der vorjährigen Spanienreise wohnen, und das Ganze sollte auch meinen handwerklichen Ansprüchen als Orgelbaumeister gerecht werden....

 ©Rainer Müller

Als der Wohnbereich dann praktisch durchdacht und behaglich eingerichtet war, meldete sich ein technisches Problem: der Simmering des linken Vorgeleges an der Hinterachse wurde undicht und nicht unerhebliche Mengen Getriebeöles versifften das ganze Hinterad.

Na ja, ist ja nichts besonderes, dachte ich – in zwei Stunden habe ich das Ganze wieder im grünen Bereich. Also Rad ab, Vorgelegedeckel abziehen, neuen Anlaufring, diverse Dichtungen und neuen Simmering einbauen, alles zusammenbauen, Getriebeöl nachfüllen und fertig. Dachte ich jedenfalls....

Aber nach 100 Kilometern lief das Öl genauso unverdrossen aus dem Vorgelegegehäuse wie zwei Tage zuvor!

Na, gut; also nochmal – alles ausbauen, peinlichst genauer Einbau eines weiteren, neuen Simmerings und zusätzliches Einstreichen der Papier-Vorgelegedichtung mit Dichtungspaste. 100 Kilometer später lief das Öl schon wieder raus!!

Meine bis dahin gute Laune, wich langsam einer gewissen Wut.....außerdem hatte ich ja noch zwei neue Simmeringe...

Mit unheiligen Flüchen auf den Lippen führte ich die ölverschmierte Prozedur jetzt zum dritten Mal aus. Es war nun vier Tage vor dem geplanten Starttermin. Sofort nach dem Tausch fuhr ich 150 Kilometer am Stück, um zu sehen, ob das blöde Ding jetzt endlich dicht war – na, was meint ihr; natürlich war wieder alles verölt!

So langsam wurden bei mir die Nerven blank und ich rief Wolfgang Linnenberger an, einen sehr erfahrenen VW-Spezialisten, was denn da wohl die Ursache sein könnte. Er meinte nur lapidar, das wäre ein bekanntes Problem....

Na toll! So konnte ich jedenfalls nicht nach Portugal fahren. Bisher hatte ich Repro-Dichtringe verwendet; vielleicht taugen die ja einfach nichts mehr.

So schaute ich intensiv in meinem Ersatzteillager und fand noch einen originalen von VW. Also wieder alles ausgebaut und die Reproteile durch das Original getauscht. Dann 100 Kilometer gefahren – alles dicht, 200 Kilometer gefahren, immer noch dicht und als dann nach 300 Kilometern kein Tröpfchen Öl zu sehen war, konnte ich mich der Freudentränen kaum erwehren...:-)

Und dann ging es endlich los!

 ©Rainer Müller

Der Bulli ist ein echter Amigo; ein zuverlässiger Freund, der immer für ein Abenteuer zu haben ist ;-)

Die 7500 Kilometer lange Reise über glühende Autobahnen, steile Gebirgspässe und unbefestigte Pisten waren für ihn kein Problem.

Kleidung und Verpflegung für vier Personen finden ihren Platz in den Schränken und Regalen.

 ©Rainer Müller

Camping heißt für mich auch viel draußen sein und die wunderbare Einfachheit des Seins zu genießen; ein dickes Hymer-Mobil ist mir ein Graus und eindeutig zu dekadent....

Der Bulli bietet einen sehr bequemen, kuscheligen Schlafplatz für zwei Erwachsene; zwei Kinder bis 1,50 Meter Größe können gut auf den hochklappbaren vorderen Sitzbänken schlafen.

Das sind die Utensilien die ich liebe: Landkarten, Campingführer und Reisetagebuch....

 ©Rainer Müller

Und los geht die Reise gen Süden!

Die französischen Alpen bieten ein beeindruckendes Panorama und wildromantisches Ambiente.        

Abenteuerliche Gebirgspässe erfreuen das Herz.....

Französisches Paar. ©Rainer Müller

Nun bin ich in Aiges Mortes/Südfrankreich angekommen. Die originalen Festungsanlagen der Kreuzritterstadt sind sehr sehenswert.

Und die romantischen Cafes nicht weniger besuchenswert!

Mit diesem netten urfranzösischen Ehepaar und ihrem schönen alten Citroen HY-Bus verbrachte ich einen sehr netten, vom Rotwein beschwingten Abend....:-)

Mitreisende. ©Rainer Müller

Jetzt geht's weiter nach Spanien und ich bekomme Gesellschaft durch vier Tramper; zwei Ökologiestudenten aus Berlin und ein tscheschisches Ehepaar, das seine Flitterwochen (!) trampend durch Europa verbringt!

Die Studenten reisen vier Tage bei mir mit, denn sie wollen zu einem buddhistischen Einsiedler, der in den Bergen bei Barcelona eine Ökolandwirtschaft betreibt - und das ohne Strom- und Wasseranschluss; auch gibt es keine befestigte Straße dorthin!

Der eine Student spielt Gitarre und wir schmettern während der Fahrt aus vollem Halse alte Reiselieder! Einfach herrlich! Ansonsten sind Hermann Hesse-lastige Philosophien zur Selbstfindung und Reinkarnation das Thema... Das ganze ließ in mir lebendige Erinnerungen an den Film "Hippie-Track nach Goa" aufsteigen...;-)

Mont Go. ©Rainer Müller

Nach intensiver Geländefahrt ohne besestigte Wege hieß es hoch im Gebirge Abschied nehmen; wir hatten uns in den letzten Tagen richtig angefreundet und wieder mal erlebt, wie reich und abenteuerlich eine ungeplante, nicht vororganisierte Reise sein kann.

Der beeindruckende Mont Go in Xavia an der spanischen Mittelmeerküste. Nach 5 (!) stündigen Aufstieg in glühender Hitze wurde ich durch einen atemberaubenden Ausblick belohnt!

 ©Rainer Müller

Jetzt bin ich gleich in Portugal!

Zum ersten mal am Atlantik......

Der portugiesische Baustil ähnelt zwar dem spanischen, hat aber doch seine besonderen Eigenheiten.

Der imposante mittelalterliche Wehrturm von Beja (Zentralportugal) ist bis weit über die Landesgrenzen
bekannt.

An vielen alten Häusern findet man noch die handbemalten und sehr kunstvollen portugiesischen Kacheln.

Verlassenes Herrenhaus. ©Rainer Müller

Hier nun zwischendurch ein Bericht über ein kleines (oder auch, großes – je nachdem wie man es sieht) Abenteuer, das es am 4.9., also meinem Geburtstag, zu bestehen galt:

Als ich an jenem Tag das schöne Städtchen Beja in Zentralportugal besichtigte, vergaß ich ganz den Laptop von der über die Autobatterie gespeisten Ladestation abzuklemmen – mit der Folge, dass die Batterie, als ich einige Stunden später zurückkam, total leer war. Nichts ging mehr - selbst die Handkurbel, mit der man den Bulli in solchen Fällen oft noch ankurbeln kann, brachte den Motor nicht mehr zum Laufen.

Nun, werdet ihr vielleicht denken, ist ja nicht so schlimm, man kann ja einfach einen hilfsbereiten Autofahrer finden, der den Bus über ein Überbrückungskabel mit Hilfe seine Batterie startet. Das geht aber leider nicht, da ich in meinem Bus noch die originale 6 Volt-Anlage habe, welche man nicht mit den heute üblichen 12 Volt der „normalen“ Autos starten kann. So ein Sch….!

Die nun beginnende Suche nach Hilfe brachte mich zuerst zu einem Reifenservice, welcher mir aber wort- und gestenreich klar machte, dass er mir nicht helfen kann; aber ich solle mich doch an die in der Nähe befindliche Polizeistation wenden.
Also ging ich dorthin, und die netten Polizisten rückten mit 6 (!) Mann aus, um den Bulli nach Alt-Väter-Sitte anzuschieben!

Dadurch, dass er in einer Einbahnstraße stand, welche jedoch gegen die Fahrtrichtung schräg abfiel, sperrten sie diese kurzerhand, damit sie den Bus quasi den Berg herunter anschieben konnten.

Aber die Batterie war einfach zu leer, sodass auch die - nicht unerhebliche Muskelkraft – der sechs schiebenden Polizisten nicht ausreichte den Motor zum Anspringen zu bringen…;-)

Nach einer Minute der Ratlosigkeit brachten sie mich zu einer in der Stadt befindlichen Feld-Wald-Wiesen-Autowerkstatt, während der Bulli provisorisch abgestellt an der Kreuzung der Hauptverkehrsstraße zurückblieb.

In der Werkstatt versuchte ich dann durch das Übersetzungsprogramm von Google dem Werkstattleiter mein Problem klar zu machen, aber dieser wollte unbedingt mit seinem 12-Volt-Startgerät – denn ein 6-Volt-Ladegerät besaß er seit 20 Jahren nicht mehr - den Bus zum Laufen bringen.

Das sich daraufhin einstellende sehr ungute Gefühl in meinem Bauch wurde durch eine kurze Internetrecherche gänzlich bestätigt – das Starten einer 6-Volt-Anlage mit Hilfe einer 12-Volt-Starthilfe führt unweigerlich zur Zerstörung der gesamten 6-Volt-Elektrik! Oh, Mann – jetzt wurde es mir doch langsam mulmig...

Mir wurde augenblicklich auch klar, dass ich ganz allein, mehrere tausend Kilometer weg von Zuhause in einer Situation war, wo mir keiner helfen konnte.

Auf einmal hatte ich eine Intuition und ging in den kleinen Autoteileshop, welcher der Werkstatt angegliedert war, und stöberte dort herum.

Plötzlich entfuhr mir ein kleiner Freudenschrei, denn in einem der hintersten Regale fand ich ein Batterieladegerät für 6-Volt-Anlagen!

Ich weiß nicht, wie viele Jahrzehnte dieses Gerät schon dort vor sich hinstaubte – man bedenke, die letzten 6-Volt-Anlagen wurden vor über 40 Jahren in Autos verbaut! – aber es stand da und ich konnte es kaufen! Einfach unglaublich!

Jetzt ging es zum Bus zurück, Batterie ausbauen und diese in einem Café etwa vier Stunden lang aufladen. Es war schon spät, aber das nette Besitzerpäärchen des Cafés ließ mich die Batterie trotz geschlossenen Cafeés fertigladen.

Als wir dann die Batterie gegen 23 Uhr endlich wieder in den Bus einbauen konnten, kam die Verkäuferin eines in der Nähe befindlichen Kiosks ganz aufgeregt zu mir gelaufen und meinte, der Bus müsse hier schnellstens weg, weil sonst die randalierenden Banden, welche in dieser Stadt die Nächte unsicher machen, das Auto zerstören würden!

Ich traute meinen Ohren kaum, als sie das sagte, aber in dem Moment kamen bereits sehr fragwürdig aussehende Gestalten auf den Bulli zu und machten sich dort zu schaffen. Nun musste alles sehr schnell gehen; mit einem Stoßgebet auf den Lippen drehte ich den Zündschlüssel - und der Motor lief! Er lief - hurra und Hallelujah!

So, nun noch schnell das nette Pärchen des Cafes umarmt und mit Vollgas weg von diesem Ort und durch die Dunkelheit zum nächsten Campingplatz.

Erst einige Minuten später wurde mir klar, wie heikel die Situation war und dass meine Schutzengel einfach nur klasse sind!

Ich liebe die südländische Flora.

Viele der malerischen Herrenhäuser und Bauernhöfe sind leider verlassen und dem Verfall preisgegeben.

Auch viele kakteenähnliche Pflanzen haben hier ihr Zuhause.

Korkeiche. ©Rainer Müller

Die Korkeichen fand ich besonders beeindruckend.

Damit der Baum nicht zu sehr leidet, darf er nur alle zehn Jahre geschält werden.

Das so gewonnene Korkmaterial ist sehr wertvoll, und wenn ein Bauer mehr als 20 solcher Korkeichen besitzt, zählt er in diesen armen Regionen bereits zu den Wohlhabenderen.

 ©Rainer Müller

Die herrliche Atlantikküste von Sagres, dem südwestlichsten Punkt von Europa. Hier konnte ich mich kaum
satt sehen.....

Am Strand fand ich in einem abgelegenen Winkel einen jungen Portugiesen der wunderschön Gitarre spielte. Angelockt durch sein Spiel, fragte ich ihn, ob ich zuhören dürfe, was ihn sehr freute.

Nach einer Weile meinte ich, ich wolle am Abend nach Lissabon fahren, um in einem der Fado-Lokale den Fado, jenen melancholischen Gesang der Portugiesen, zu hören. Er sagte, dass sei nicht nötig, denn seine Schwester sei eine Fado-Sängerin und sie käme gleich an den Strand.

 ©Rainer Müller

Im selben Moment erschien eine junge Frau und die beiden gaben ein kleines, wunderschönes Konzert - nur für mich.
Tief berührt hörte ich die Klänge, welche einfach nur echt und beseelt waren...

Ich traf auch ein nettes portugiesisches Ehepaar, welches einige Tage neben mir zeltete.

Sie leben in einem Naturschutzgebiet in Zentralportugal auf einem Biobauernhof; sie gaben mir ihre Adresse und ich solle sie in jedem Fall einmal besuchen kommen...

 ©Rainer Müller

Nun beginnt der Heimweg und es geht nochmals durch hohe, ausgedehnte Gebirgszüge.

Wir fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn...

Bei einem letzten Bier in Frankreich lasse ich die vielen Eindrücke und Erlebnisse noch einmal Reveue passieren und dann gehts wieder nach Deutschland.

Hinter mir liegen vier Wochen Reiseleben, die einen Teil meines Traumes wahr gemacht haben. Und die tief in mir etwas haben zufrieden werden lassen...

Tja, und damit endet mein Bericht über die lange, abenteuerliche Reise nach Portugal, die eindeutig belegt, dass ein originalgetreuer Bulli von 1957 keinesfalls nur dafür da ist, auf dem Anhänger und in Watte gepackt zu irgendwelchen musealen Oldtimertreffen kutschiert zu werden, sondern dass er sehr wohl in der Lage ist, mit seinen 30 PS die weite Welt zu erkunden!

Viele Grüße von Rainer!

Rainer Müller

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