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Buchtipp: Ferdinand Porsche - Mehr als nur Käfer!

Warum stellen wir ein Buch über Ferdinand Porsche vor? Ganz einfach: Ohne Ferdinand Porsche kein VW Käfer, ohne Käfer kein Bulli... Heiko P. Wacker hat die neue Porsche-Biographie gelesen. Hier ist seine Rezension.

 ©Siedler Verlag

Um gleich mal eine Sache klarzustellen: Ohne den Käfer gäbe es keinen Bulli, und ohne Ferdinand Porsche gäbe es keinen Käfer. Und deshalb darf ich hier auf VW-Bulli von einer Porsche-Biographie berichten. Denn die ist es wert, dass man ein paar Worte über sie verliert …

Immerhin wurde über den „Vater“ des Volkswagens schon eine Menge geschrieben. Sein Status als ewig nach technischer Perfektion strebendes Genie manifestierte sich schon in den 1930er-Jahren, als er den braunen Machthabern nahe genug stand, um ohne lästigen Wettbewerb an seiner Idee eines Volksautos werkeln zu können. Obwohl auch dieses Fahrzeug nicht den Namen des Urhebers tragen durfte übrigens: Daran hatte der Firmenpatriarch ganz sicherlich zu nagen, wie er auch daran zu nagen hatte, dass der von ihm zuvor entwickelte Rennwagen der Auto-Union nicht seinen Namen trug.

Immerhin aber sein Ende April 1931 eingetragenes Unternehmen „Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH, Konstruktionen und Beratung für Motoren und Fahrzeuge“ mit Sitz in der Stuttgarter Kronenstraße trug seinen Namen, stolz mit verliehenem Titel sogar, auf den Porsche so großen Wert legte. Doch eigentlich war der Schritt in die Selbstständigkeit ein Schritt der Verzweiflung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten: Porsche war Techniker, kein Geschäftsmann, die rein ökonomischen Seiten eines Unternehmens konnten ihn nicht faszinieren.

Um so glücklicher muss er sich gefühlt haben, als er in Hitlers Gunst stehend freie Hand bekam, seine Idee eines Volksautos in die Realität zu überführen. Satt aus öffentlichen Töpfen und mit Mitteln der Autoindustrie finanziert verbiss sich sein Team – Porsche fertigte selbst keine Konstruktionszeichnungen an – in der Aufgabe, wobei alleine die Motorenfrage lange ungeklärt blieb. Am Ende setzte sich die Idee eines luftgekühlten Boxermotors mit vier Zylindern durch, wie er später auch im Bulli zum Einsatz kam.

Für Vortrieb sorgte er indes auch in den militärischen Ablegern des später „Käfer“ genannten Autos, die sich als Kübelwagen oder Schwimmkübel an der Front zu bewähren hatten: Hitler, der schon Jahre vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auf diesen zusteuerte, hatte von Anfang an auch eine militärische Nutzung des Fahrzeugs gefordert. Dass im VW-Werk denn Kübel, und keine Autos fürs Volk gebaut wurden, das ist kein Geheimnis – die unzähligen vom Regime verführten Volkswagen-Sparer schauten dementsprechend in die Röhre, erst lange nach Kriegsende gab es zumindest einen Ausgleich.

Indes ist dies eine andere Geschichte, geht es doch Wolfram Pyta, Nils Havemann und Jutta Braun primär um die Zeit zwischen 1931 und 1951, dem Todesjahr von Ferdinand Porsche – auch wenn der Titel ein wenig übertreibt, anno 1951 war das Unternehmen längst noch keine Weltmarke. Das kam erst später, wurden doch erst 1948 die ersten Serienfahrzeuge mit dem Porsche-Schriftzug gefertigt, bei denen freilich das seit den 1930er-Jahren erworbene Wissen Früchte trug.

Dabei war das Konstruktionsbüro nicht automatisch erfolgreich, etliche Projekte scheiterten kläglich, in Sachen „Panzerkampfwagen“ sogar grandios. Auch neigte Porsche dazu, sich zu verzetteln, angesichts immer neuer Aufträge nahmen die Entwicklungsarbeiten mitunter hektische Züge an. Porsches Anbiedern an die braunen Machthaber rächte sich mitunter, manche Aufträge konnte er schlicht nicht ablehnen.

Seine Verwicklungen mit dem Nazi-Regime sind die dunkelbraunen Flecken in Porsches Vita, und sie brachten ihn am Ende gar in französische Gefangenschaft, die ihn so lange aus dem Rennen nahm, bis Sohn Ferry sich vom väterlichen Firmenpatriarchen zu emanzipieren vermochte, um die Weichen für die weitere Geschichte der Marke Porsche zu stellen.

Dabei, und dies ist tatsächlich nicht ohne Ironie, war Porsche in den ersten Nachkriegsjahren in die finale Entwicklung des Renault 4CV involviert, und konnte hier durchaus Ratschläge geben, die auch aufgegriffen wurden. Das Auto war in den Grundzügen durchgeplant, und dem Käfer rein technisch sehr ähnlich, nicht nur wegen des Heckmotors- und antriebs, so dass sich Porsche in seinem Element fühlen durfte – ja, er durfte im Oktober 1946 sogar zwei Prototypen rund um Paris ausgiebig bei Testfahrten durch die Gegend scheuchen. Der Name Porsche galt eben auch in Frankreich was, seine Erfahrung als Techniker ohnedies.

Und genau das war das Problem: Denn das erste französische Volksauto durfte ja um Himmels Willen nicht mit dem Namen eines Mannes in Verbindung gebracht werden, der mit Hitler zu tun gehabt hatte! Dass Porsches Volksauto, der KdF-Wagen, bei der Entwicklung des 4CV Pate gestanden hatte, und beispielsweise auch der Motor vom Ur-Käfer abgeleitet worden war, noch bevor Porsche ins Spiel gebracht wurde, das konnte Renault geschickt unter den Teppich kehren: Der 4CV wurde als „originär französisches Eigenprodukt ohne geistige Anleihen beim KdF-Wagen und schon gar ohne Beraterdienste des geistigen Vaters des Volkswagens“ präsentiert. Und die Nation, die Welt glaubte es, Renaults Rechnung ging auf.

Und damit wären wir wieder beim vorliegenden, ausgezeichnet recherchierten Band, dem man auf jeder Seite anmerkt, dass Wolfram Pyta als Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart tätig ist, und den Weg eines jeden guten Historikers geht, der zwangsläufig in die Archive führt.

Doch das Ergebnis spricht für sich: Von den anfänglichen Hungerjahren über die Erfolge mit der Auto Union, die Entwicklung des Volkswagens, die missglückten Panzerkonstruktionen bis hin zur Emanzipation des Sohnemannes zeichnet das Buch die Frühgeschichte der „Marke Porsche“ ebenso lesenswert wie tiefgreifend nach. Denn Geschichte darf lesenswert sein und allgemein verständlich, ohne deshalb einen Deut ihrer Seriosität zu verlieren.

„Porsche. Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke“ ist somit ein absolut empfehlenswertes Buch für all jene, die sich für die Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik, für die Automobilgeschichte generell oder grundsätzlich für die Marke Porsche interessieren, und Lust am Lesen spannender und fundierter Texte haben. Dem Buch ein Lesebändchen mit auf den Weg zu geben, ist dabei eine sehr nette Geste: Schön, dass es solche Bücher gibt.

Wolfram Pyta, Nils Havemann, Jutta Braun: Porsche. Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke. Siedler Verlag München 2017, 505 Seiten, 14 sw-Abbildungen, 135 x 215 mm, gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen, ISBN 978-3-8275-0100-4, 28,00 Euro.

Heiko P. Wacker

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