Abwärtstrend beim TÜV-Report: Jeder Fünfte fällt durch
Beim aktuellen TÜV-Report zeigt sich eine unerfreuliche Entwicklung. Spürbar mehr Fahrzeugen als ein Jahr zuvor konnte bei der Hauptuntersuchung nicht die neue Plakette angeklebt werden.
Der technische Zustand der Autos auf Deutschlands Straßen hat sich verschlechtert: So sind von den 9,6 Millionen Pkw, die der TÜV zwischen Juli 2021 und 2022 geprüft hat, 20,2 Prozent mit „erheblichen“ oder „gefährlichen Mängeln“ durch die Hauptuntersuchung gefallen. Das sind 2,3 Prozentpunkte mehr als im „TÜV Report“ des Vorjahres. Die festgestellten Mängel müssen innerhalb von vier Wochen behoben und das Fahrzeug erneut vorgeführt werden. Die Quote der Pkw mit „geringen Mängeln“ ist um 1,6 Punkte auf 10,7 Prozent aber ebenfalls deutlich gestiegen.
Corona-Effekte wie weniger Fahrten, eine intensivere Wartung der Fahrzeuge und ein höherer Anteil jüngerer Fahrzeuge in der Statistik hatten zuvor für eine positive Entwicklung gesorgt. „Der Corona-Effekt ist verpufft. Autobesitzer müssen wieder verstärkt auf die Wartung und Pflege ihrer Fahrzeuge achten“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bei der Vorstellung des TÜV-Reports 2023. 0,05 Prozent der geprüften Pkw wurden als „verkehrsunsicher“ eingestuft und mussten sofort stillgelegt werden. In Relation zur Gesamtzahl aller in Deutschland durchgeführten Hauptuntersuchungen entspricht das rund 15.000 Fahrzeugen. Rund 160.000 Fahrzeuge mussten mit „gefährlichen Mängeln“ direkt in die Werkstatt (0,5 Prozent). Das ist der Fall, wenn die TÜV-Sachverständigen beispielsweise poröse Bremsschläuche, stark abgefahrene Reifen oder den Ausfall sämtlicher Bremslichter feststellen.
Die Mängelquoten steigen naturgemäß mit dem Alter der geprüften Fahrzeuge. Der Anteil der Autos mit erheblichen Mängeln liegt bei sechs bis sieben Jahre alten Fahrzeugen bei 13,6 Prozent und bei den noch zwei Jahre älteren bereits schon bei 19,6 Prozent. Zehn bis elf Jahre alte Autos liegen mit einer Mängelquote von 24,4 Prozent dann deutlich über dem Durchschnitt aller Fahrzeuge (20,2 Prozent). Schlusslicht im Vergleich der Fahrzeugtypen sind dabei zehn- bis elfjährige Renault Clio, von denen mehr als jeder dritte (36,4 Prozent) im ersten Anlauf keine TÜV-Plakette bekommt.
Das Durchschnittsalter der Pkw in Deutschland steigt seit Jahren und liegt laut Kraftfahrt-Bundesamt in diesem Jahr 10,1 Jahren und damit erstmals zweistellig. Demnach sind 43 Prozent aller Pkw in Deutschland vor 2013 erstmals zugelassen worden.
„Die Fahrzeuge werden immer langlebiger. So ist beispielsweise Rost kaum noch ein Thema bei der HU und die LED-Technik senkt die Mängelquoten bei der Beleuchtung“, sagte Bühler. Dennoch treten bei den älteren Fahrzeugen zunehmend sicherheits- und umweltrelevante Mängel auf. Manchmal reiche ein alterschwache Bauteil aus, um die Verkehstüchtigkeit eines Autos nachhaltig zu beeinträchtigen.
Mit dem Renault Zoe ist erstmals ein reines E-Auto mit ausreichenden Stückzahlen in der Statistik vertreten. Das Modell landet mit einer Mängelquote von 5,3 Prozent im Mittelfeld der zwei bis drei Jahre alten Fahrzeuge und mit 10,6 Prozent bei den Fünf- bis Sechsjährigen im unteren Drittel. Dem Zoe machen überdurchschnittlich häufig Mängel an den Achsaufhängungen und bei der Funktion der Fußbremse zu schaffen. „Mängel an den Bremsen sind ein typisches Problem von Elektrofahrzeugen, da sie stärker verzögern als Benziner, wenn man vom Gas geht. Die Bremsen werden daher weniger stark in Anspruch genommen. Die Folge ist Korrosion, die zum Ausfall der Bremsen führen kann“, so VdTÜV-Geschäftsführer Joachim Bühler. Fahrer von Elektroautos sollten die Bremsen daher regelmäßig aktiv betätigen und professionell warten lassen, so sein Tipp. Typische Mängel bei der HU, die alle Antriebsarten betreffen, sind Probleme mit der Beleuchtung.
Gesamtsieger des TÜV-Reports 2023 ist der Mercedes-Benz B-Klasse. Der Anteil der Fahrzeuge dieses Typs mit erheblichen Mängeln liegt bei der ersten HU bei zwei Prozent. Es folgen der Vorjahressieger Mercedes GLC mit 2,3 Prozent und der VW Golf Sportsvan ebenfalls mit 2,3 Prozent. In den höheren Altersklassen gewinnt jeweils der Porsche 911. In der Auswertung nach Fahrzeugklassen belegt der Kia Picanto mit 3,6 Prozent Mängelquote den ersten Platz bei den Minis. Bei den etwas größeren Kleinwagen gewinnt der Honda Jazz (2,7 Prozent) und die Mercedes A-Klasse bei den Kompaktwagen (2,8 Prozent). Die Top-Platzierung in der Mittelklasse sichert sich der Volvo V40 mit drei Prozent. Basis der Rankings in fünf Altersklassen sind 18 ausgewählte, besonders relevante Mängel. Untersucht wurden für den TÜV-Report 226 verschiedene Fahrzeugmodelle
Aus Sicht des TÜV-Verbands ist in Zeiten von Digitalisierung, Elektromobilität und Klimakrise die weitere Modernisierung der Hauptuntersuchung dringend notwendig. „Neben den bestehenden Vorgaben sollten zusätzliche Punkte für die Sicherheitsprüfung von Elektrofahrzeugen in den Mängelkatalog aufgenommen werden“, meint Bühler. Für die Batterie sei derzeit nur eine Sichtprüfung vorgesehen. Bühler. Autos seien inzwischen auch „Smartphones auf Rädern“. Das müsse bei der HU noch stärker berücksichtigt werden. „Der Zugang zu den Originaldaten und zur Software der Fahrzeuge ist für die Sachverständigen elementar, um auch in Zukunft sicherheits- und umweltrelevante Systeme prüfen zu können“, stellt der TÜV-Verbands-Geschäftsführer fest. Das gelte unter anderem für die Funktionen von Assistenzsystemen wie Notbremsassistent oder Spurhaltewarner oder der Abgasanlage. Darüber hinaus müssten die Prüforganisationen die Cybersicherheit der Fahrzeuge kontrollieren können.